Torroja del Priorat

Warum haben wir Torroja ausgewählt? Nun, das Schicksal hat uns dahingeführt, denn die Großeltern meiner Mutter besaßen dort einen „Textilladen“ Cal Teixidor, jetzt im Besitz meiner Schwester und direkt neben Cal Batistet-Ferrer eines der Ferienhäuser.

Wir Mädchen sind (wie meine Mutter schon auch) in Barcelona geboren und aufgewachsen. Nur im Urlaub haben wir das abgelegene Dorf, damals ohne asphaltierte Strassen, genießen dürfen und zwar 3 Monate am Stück jedes Jahr, denn spanische Kinder haben lange Sommerferien, dafür eine, noch jetzt, anstrengende Ganztagsschule.

Später, durch mein Sprachstudium bedingt, reiste ich nach Deutschland und heiratete 1972 einen deutschen Elektroingenieur, der seitdem jedes Jahr mehrmals und mit Begeisterung seine „zweite Heimat“ Torroja besucht (besuchen darf!).

Wir haben dort ein Haus für uns gekauft: Cal Alemany und eins renoviert. Anfangs für Freunde und Bekannte und seit 2001 für Gäste aus der ganzen Welt. Wir konnten damals nicht ahnen, dass das Priorat einen solchen Umschwung mitmachen würde. Der Wein, die Natur, die Kletterer, die Radfahrer und Wanderer, alle wollten dahin und es gab kaum Gästehäuser oder Ähnliches.

Torroja war seit jeher so arm, dass es kein Geld für „Modernisierungsmaßnahmen“ hatte. Jetzt sind die Straßen zwar renoviert, aber immer noch mit Steinen gepflastert und nicht „betoniert“ wie es in anderen reicheren Dörfchen vor Jahren üblich war. Es ist also ein Vergnügen einfach durchs Dorf zu wandern und jedes Haus, jedes Eingangstor, jede Fassade oder Steinmauer zu bewundern.

Seit neuestem hat Torroja ein Restaurant – Cal Joc – mit kleinem Laden für die alltäglichen Notwendigkeiten. Es hat auch seit jeher eine Dorfkneipe (wo einfaches Essen serviert wird) und ein Luxusweinladen (wer hätte das gedacht!) ganz in der Nähe von Cal Joc.  Das Restaurant Cal Joc hat täglich ab Mittwoch geöffnet. Meistens nur von ca. 11 bis 18 Uhr, man sollte es aber nicht darauf ankommen lassen, denn manchmal bleibt es einfach aus unerfindlichen Gründen zu. Wir empfehlen unseren Gästen immer etwas zu Essen für das erste Frühstück bzw. Abendessen mitzubringen oder unterwegs zu kaufen.

Natürlich hat Torroja eine wunderschöne Kirche mit einer Cuvillies Orgel. Im Sommer kommen die Orgelexperten und spielen verzückt. Gegenüber der Kirche liegt die Hauptstrasse des Dorfes (Carrer Major), dort kann man die „Casas Pairals“ der wichtigen Familien bewundern. Alle vor ca. 200 Jahren gebaut und prächtig anzusehen. Das schönste Gebäude unter ihnen ist Cal Compte, einmalig schön renoviert, inklusive Fassade und immer voller Leben. Wenn das schwere Holztor offen ist, einfach eintreten und Ana oder Joaquin fragen ob man, als Montserrats Gäste in Cal Viola, das Haus besichtigen kann. Es lohnt sich wirklich! Das junge Ehepaar kam vor ein paar Jahren ins Dorf auf der Suche nach einem Weinberg und verließen Torroja anschließend wieder mit einem Haus (wenn auch völlig verwahrlost zur damaligen Zeit) „unterm Arm“ plus 40 Hektar Land, einige Hektar davon waren natürlich die gewünschten Weinberge. Seitdem arbeiten sie wie die Wilden und haben es geschafft ca. 13 Gästezimmer unterm Dach auszubauen und die ganzen ehemaligen Wohnräume so gut es ging instand zu setzen. Bewundernswert! Es sind mehrere Stockwerke „über der Erde“ und auch nach unten sind Überraschungen parat. Wir freuen uns, wenn peu à peu interessante Leute mit neuen Ideen und Visionen ins Dorf kommen und auch dort bleiben, wie z. B. auch Dominik Huber der Besitzer der Bodega Terroir al Limit. Er wohnt als Mieter im dritten Stock von Cal Alemany und zeigt Ihnen gerne seine Bodega in derselben Strasse. Lassen Sie sich von seinen Geschichten verzaubern und, warum nicht, von seinem Wein.

Wir könnten natürlich so weiter machen und die Geschichte von jedem Haus und fast jeden Bewohner des Dorfes weiter erzählen, dann aber würde langsam ein Buch daraus werden und nicht ein Reiseführer. An anderer Stelle werden unsere Gäste herzlich eingeladen, ihre eigenen Erfahrungen über Torroja und das Priorat auf unserer Homepage zu veröffentlichen, damit alle Gäste etwas davon haben. Sicher gibt es Sachen, die für uns ganz normal sind und für jemand anderes erwähnenswert erscheinen.

Nicht nur Torroja lädt zu immer neuen Entdeckungsreise ein, auch die Umgebung des Dorfes bietet jede Menge schöne Spaziergänge, z. B. ums Dorf herum auf der kaum befahrenen Straße, von dort aus gehen viele Wirtschaftswege “ins Gestrüpp” (feste Schuhe und lange Hosen sind für die Wanderungen auch am Montsant unbedingt zu empfehlen die stachelige “Macchia” verzeiht nicht!).

Zum Fluss (den Weg links vom Friedhof nehmen und immer links abbiegen bis Sie unten sind). Der Fluss ist ein Paradies für Frösche, Wasserschlangen, Bachstelzen, Bienenfresser und eine Menge anderes Getier, sogar eine spanische Landschildkröte haben wir vor einem Jahr gesehen!! Auch Baden ist mal ab und zu möglich, nicht alle Tümpel sind jedoch geeignet. Hier ist Erkundungsgeist angesagt. Wenn Sie Flussaufwärts wandern wollen, landen Sie in Poboleda (ca. 2 Std.), Flussabwärts geht es nach Gratallops (ebenfalls 2 Stunden) – Dschungelgeist müssen Sie in beiden Fällen mitbringen (und was zu essen, denn ausnahmsweise sind unterwegs keine Restaurants gesichtet worden).

Zunehmend werden längere Wanderwege markiert (z. B. nach Villella Baixa oder nach Gratallops, Poboleda, Scale Die etc.). Diese GR (Gran Ruta) sind teilweise miteinander verbunden und führen kilometerweit durch unbekanntes Land abseits jeglichen Tourismus.

Der pensionierte Bauer Joan ist der Mann für alles im Dorf, er ist Schäfer gewesen, Müllsammler und Museumsbesitzer in einer Person (er zeigt gerne persönlich sein selbstfinanziertes Weinmuseum, wenn Sie ihn darum bitten und er Zeit hat). Diese ungewöhnliche Person ist leicht zu finden, denn er hat einen japanischen Kampfhund (so eine Art langhaarige Milkakuh in Schäferhundformat), das Geschenk des ehemaligen Hotelbesitzers, jetzt eher Pleitier und aus dem Dorfleben verschwunden. Joan sitzt oft an der gläsernen Bushaltestelle gegenüber vom Friedhof, es sei denn, er ist mit seiner neuen Leidenschaft beschäftigt, das „Erzeugen“ von kräftigen Maultieren, ausgehend von echten katalanischen Eseln, die sehr groß und robust sind und Pferde-Stuten. Das Problem ist, dass Eselshengste eigentlich keine Stuten mögen und so bedarf es viel Zeit, Geduld und gutes Zureden. Seine tierische Sammlung kann man gut zu Fuß besichtigen, auf dem Wanderweg zwischen Torroja und Villella Alta.

Seit neuestem hat Torroja auch eine “Astronomische Gesellschaft” (verrückt nicht?), sie hat dafür gesorgt, dass wir im Sommer 1999 die Sonnenfinsternis auf dem Dorfplatz mit bester Ausrüstung (+ Wein und Gebäck) bewundern konnten. Es werden auch “Sternennächte” angeboten zu denen mehr als ein Dutzend Teleskope aus der ganzen Gegend angereist kommen, um auf dem Sportplatz mal Jupiter, mal die Milchstrasse, oder was auch immer aktuell ist, zu beobachten. Natürlich kostenlos und als Gaudi für alle. Was belächelt anfing ist zu einem festen Begriff in der ganzen Region geworden, bis hin nach Tarragona.

Selbstverständlich hat Torroja ein Schwimmbad (geöffnet von Ende Juni bis Mitte September, von 11 bis 15 Uhr und von 17 bis 19 Uhr). Dort trifft sich im Sommer jeder zu einem erfrischenden Plausch am Beckenrand oder im Wasser. Die Kinder und Jugendlichen organisieren ihre Aktivitäten, die gesetzteren Leute genießen auch noch die exzellenten Tapas an der Bar und die einmalige Sicht über den ganzen Montsant vom Wasser aus. Unsere Gäste haben entdeckt, dass wenn sie „schon“ um 11 Uhr dort sind, das ganze Schwimmbad für sich alleine genießen dürfen, denn „le tout Torroja“ erscheint erst nach 12 Uhr. Nachmittags wird es ohnehin nur von echten „Touris“ besucht (und wenn ich Touris sage meine ich Leute aus der Stadt, denn richtige Ausländer haben wir kaum welche).

Im August gibt es Feste und Aktivitäten, denn zwischen dem 1. und dem 20. August erscheinen auch die ehemaligen Bewohner des Dorfes, die ihr Glück in der Stadt gemacht haben. Das Dorf ist voller Kinder, die sich Jahr für Jahr treffen und so „zusammenwachsen“; es entstehen auf diese Art und Weise Freundschaften fürs Leben. Ich weiß gar nicht wie viele Generationen wir schon so erlebt haben, das lustige ist, dass ich manchmal ein paar Kinderaugen sehe, die mich genau an jemand aus meiner Jugend erinnern. Die Wurzeln sind eben sehr tief.